Deutschaufsatz: Sprachen; Künstliche Sprachen

In diesem Jahr habe ich einen Aufsatz von mir eingescannt und mit einer Software (Transkribus) erkennen lassen. Es brauchte noch einige Nachbearbeitungen.

Es war für mich eine spannende Auseinandersetzung mit der Entwicklung der Technologie. Bereits in den 80er Jahren wurden an den Dialogen mit den Maschinen gearbeitet. Im November 2022 machte die Technologie mit den neuen, mächtigen Sprachmodellen ein Sprung. Doch wie war das in den 80er Jahren. Viel Vergnügen mit meinem Aufsatz. Das Aufsatzthema drehte sich um Sprachen.


Sprachen; Künstliche Sprachen 16.01.1986

Das Thema „künstliche Sprachen“ ist ein sehr weites Feld, und es ist augenscheinlich, dass nicht alle Aspekte in diesem Aussatz Eingang finden können. Ich klammere Sprachen wie Esperanto, Volapük etc. aus und beschränke mich auf eine wirklich künstliche Sprache: die Computersprache.  Da es sich dabei um ein sehr komplexes Thema handelt, habe ich den Aufsatz grob in folgende vier Abschnitte gegliedert: Was macht eine künstliche Sprache aus? Wie weit es die Forschung heute? Wo liegen die Grenzen einer künstlichen Sprache? Was für Aussichten ergeben sich daraus?

Es existieren heute schon Dutzende von Computersprachen, welche jede einzelne, bedingt durch die verschiedenen Computermodelle, ihre eigenen Dialekte besitzt. Diese dienen in erster Linie dazu, dem Computer Anweisungen zu geben. Ein eigentlicher Dialog kommt nicht zustande. Worin liegt nun der Unterschied zwischen eine natürlichen und einer künstlichen Sprache? Die Antwort liegt schon im Wort „künstlich“, das mit „dem Echten nachgeahmt“, „bestmöglicher Ersatz“ übersetzt werden kann. Eine solche künstliche Sprache kann nur ein Abbild der natürlichen, menschlichen Sprache sein, jedoch nie etwas Originales. Diesem Missstand wollen die Wissenschaftler schon seit einiger Zeit abhelfen. Solche Tätigkeiten, hin zu einer „natürlichen Sprache“, laufen heute unter dem Kürzel AI, was ausgeschrieben Artificial Intelligence (= Künstliche Intelligenz) bedeutet. Der Computer soll dazu befähigt werden, mit Menschen in einen sinnvollen Dialog zu treten, und zwar in der Sprache des Menschen.

Die Entwicklung begann nach dem Ende der Zweiten Weltkrieges, denn leider brachte erst der gewaltige Entwicklungsschub während des Krieges das nötige Know-how, um den Computer zu „erfinden“. Mit Hilfe dieser Rechenmaschinen hoffte man in kurzer Zeit, Textübersetzungen maschinell zu erzeugen. Doch es stellte sich bald heraus, dass es nicht ausreichend war, Wort für Wort übersetzen zu lassen. Diese ersten Übersetzungsprogramme lieferten solch miserable Übersetzungen, dass diese einfache unverständlich waren. Als dann bei der Hardware (der Computer) grosse Fortschritte bezüglich Speichergrösse und Rechnergeschwindigkeit erzielt werden, hofften die Programmierer mit Hilfe grösserer und komplexerer Programme, dem Computer das „Sprechen“ beizubringen. Das ist ihnen zum Teil gelungen, denn es gibt heute schon für Heimcomputer Programme, die eine zwar noch etwas blecherne Stimme über den Lautsprecher ertönen lassen können. Doch bei Übersetzungen gibt es immer noch Probleme, und um diese Probleme zu lösen versuchte man sie an der Wurzel anzupacken, indem man den Computer das Sprechen von Grund auf beibringen wollte. Als Ergebnisse entstanden dann Programme wie jenes von R. Berwick, der ein Programm entwickelte, das sich am Sprechen lernen von Kleinkindern orientierte. Dem Computer wurden ganze Sätze eingegeben, aus denen er, gleich einem Kleinkind, eine „eigene“ Grammatik ableitete. Als weiteres Beispiel für dialogfähige Programme ist jenes von Professor Weizenbaum zu erwähnen. ELIZA so hiess das Programm, sollte vereinfacht gesagt einen Psychoanalytiker simulieren. Professor Weizenbaum wurde aber mit Entsetzen erfüllt, als er erfuhr, wie begeistert die Psychiater von diesem Hilfsmittel waren, da sie sich dadurch entlastet fühlten. Infolgedessen wurde er zu einem aktiven Kritiker der AI-Bewegung.

Im obigen Abschnitt war häufig von Problemen die Rede, auf die nun genauer eingegangen werden soll. Das Hauptproblem beim Übersetzen von Texten besteht in der Mehrdeutigkeit der Sprache. Je nach dem Zusammenhang kann ein Wort seine Bedeutung ändern. Für den Menschen bereitet dieser Umstand keine Schwierigkeit, da er auf seine Erfahrung zurückgreifen kann. Der Computer hat diese Möglichkeit nicht. Aber mit riesigen Speichern soll ihm nun zu «Erfahrungen“ verholfen werden. Dieser Aspekt betrifft vor allem Übersetzungsprogramme und ist in Teilbereichen relativ gut gelöst. Doch das man mit einem Computer sprechen kann, wird nie der Fall sein. Mit einem Computer wird man nie vernünftig sprechen können, denn Vernunft und Intelligenz sind Voraussetzungen, um frei zu sprechen, und die besitzt der Computer nicht. Er ist nicht fähig, eigene Gedanken zu haben, und sie somit in ein Gespräch einzubringen, er kann sie nur simulieren. Dazu eine kurze Erläuterung: Über die Tastatur werden die Sätze eingegeben. Anschliessend durchsucht der Computer den Satz nach Stichwörtern, die sich auch seinem Speicher befinden, (Solche Stichwörter werden als Schlüsselwörter bezeichnet). Je nach gefundenem Schlüsselwort wird darauf im Programm weiterverzweigt, bis schliesslich ein anscheinend vernünftiger Text auf dem Bildschirm erscheint. Somit kann sich ein scheinbares Gespräch zwischen Menschen und Computer entwickeln, das im Grunde gar kein Gespräch ist. Darin sah auch Prof. Weizenbaum eine Gefahr. (als er die erfreuten Psychiater zur Kenntnis nahm. Denn der Computer wird durch die Probleme des Menschen gar nicht berührt, seine aufmunternden Worte sind ein Resultat interne Berechnungen und Gewichtungen. Eine weitere Grenze ist der Reichtum der Sprache an Symbolen. Ludwig XIV bezeichnete sich als „Sonnenkönig“, weil er im Zentrum von Frankreich stand und seinen Untertanen Licht spendete. Wenn wir mit einem Computer über ihn sprechen würden, gäbe es um Ludwig XIV grosse Missverständnisse, da die Eigenschaften der Sonne auf ihn übertragen werden. Solche Symbole und abstrakte Begriffe wie Freiheit und Gott stellen den Computer vor unlösbare Probleme, da selbst der Mensch Schwierigkeiten mit den Definitionen der Begriffe hat. Denn jeder Mensch hat eine eigene Meinung darüber, weil er eine Persönlichkeit ist. Als solche kann er auch schöpferisch tätig sein, denn mit der Sprache kann er verändern, sie entspringt einem tiefen menschlichen Bedürfnis. Durch das Sprechen wird den Dingen eine Bedeutung gegeben, und der Menschen befriedigt das Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit, da alle Mitglieder derselben Sprachgemeinschaft dasselbe unter einem bestimmten Wort verstehen. All das zeigt, wie eng Sprache und Persönlichkeit verknüpft sind und vor welchen Problemen die AI-Forscher stehen.

Doch wie man aus der Geschichte weiss, stehen sich Probleme immer der Gefahr gegenüber gelöst zu werden. Doch wird selbst diese riesige Kluft zwischen künstlicher und natürlicher Sprache überbrückt werden können? Die neusten Forschungen gehen in die Richtung, dass versucht wird, die menschlichen Denkvorgänge zu simulieren und so zu Intelligenz, sprich Sprache zu kommen. Hier stehen die Forscher wieder vor Rätseln, wie das Gehirn diese grossartigen Leistungen vollbringen kann. Ich glaube, dass erst die Beantwortung dieser Frage den Übergang von künstlicher zu natürlicher Sprache bewirken kann. Aber ich muss auch sagen, dass für mich die Beantwortung dieser Frage zugleich die Antwort auf Ursprung und Sinn unseres Lebens sein würde, da die Sprache, sowohl verbal als auch mit Gebärden für mich ein Phänomen einer grösseren Kraft ist. Somit kommen auch noch ethische Fragen oder gar Grenzen dazu. Hat der Mensch das Recht, eine natürliche Sprache zu schaffen? Die Antwort muss offenbleiben, wenn nicht an der Wertfreiheit der Forschung gezweifelt werden soll. Doch sollte sie jedem AI-Forscher im Hinterkopf präsent sein. 

Als Abschluss habe ich noch ein kleines Beispiel eines Gesprächs gesetzt, dass zeigen soll, welche Möglichkeiten man heute schon auf Heimcomputern besitzt, um mit dem Computer zu „sprechen“.

Anhang

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